© Anne Hallwaß

Geschriebenes

Gemeindebrief-Andacht Ostern 2016

Wäre mein Plan aufgegangen, hätte ich das Wunder verpasst.


Ich wohnte damals am Rand einer Großstadt. Weil es draußen nass und kalt war, nahm ich nicht wie gewöhnlich das Rad, um in die Innenstadt zu fahren, sondern die Straßenbahn. Auf dem Rückweg verpasste ich die Bahn um Sekunden. Ich war noch gerannt, als ich sie von Weitem sah, aber es hatte nichts genützt. Zehn Minuten warten in der Kälte, während zu Hause eine gemütliche Kaffeerunde ohne mich begann.


Und in diesen zehn Minuten sah ich einen Regenbogen aufblühen, strahlen und verblassen über den Dächern der Stadt.


Verpasste Straßenbahnen sind ein harmloses Beispiel. Es gibt viel Schlimmeres, das nicht „nach Plan“ laufen kann: die schulische Laufbahn, die eigene Ehe, meine gesundheitliche Verfassung.


Manch einer denkt da resigniert: Warum Energie und Hoffnung verschwenden, es endet sowieso alles mit dem Tod.


Doch: Der Mensch dachte – Gott lachte. Er durchkreuzt unsere Pläne auf seine eigene, liebevolle Art. Lässt uns Umwege gehen, Zwangspausen einlegen, aus Scherben neue Mosaike schaffen. Göttlicher bunter Regenbogen in menschlicher geradliniger Einfalt.


Mit dem Osterfest erinnern wir uns daran: Selbst dort, wo alles Leben ans Ende gelangt zu sein scheint, geht es weiter. Anders, als wir erwarten. Allein durch Gottes Geist der Liebe. 


Das Wunder der Auferstehung geschieht.



Ihre 
Anne Elise Hallwaß